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Digitalisierung mit der Brechstange
2024-12-28 , Saal 1
Language: Deutsch

Fünf Prozent der Bevölkerung im Alter von 16 bis 74 Jahren in Deutschland sind offline. Dafür gibt es verschiedenen Gründe: Manche wollen nicht ins Netz und manche können nicht. Dennoch gibt es zunehmend auch öffentliche Dienstleistungen nur noch digital.

Das wäre kein Problem, wenn gewährleistet wäre, dass alle Zugang zu Geräte, zum Netz und die nötige Unterstützung haben, um die Angebote nutzen zu können. Und wenn wir darauf vertrauen könnten, dass unsere Daten dort sicher sind.

Solange beides nicht gegeben ist, darf niemand ausgeschlossen werden, weil der Zugang fehlt.


Menschen, die noch immer nicht online sind, sind älter, arm, häufig weiblich, manchmal behindert, sind keine Akademiker*innen oder arbeiten in Jobs, bei denen sie nicht vor Computern sitzen.

Aber auch durchaus IT-affine Menschen geraten mal ins Straucheln, wenn der Akku vom Gerät mit dem digitalen Ticket nicht mehr mitmacht oder das Funkloch verhindert, dass die digitale Bahncard aktualisiert werden kann, wenn die Kontrolle kommt.

Statt dafür zu sorgen, dass die nötige Infrastruktur läuft und alle die Unterstützung bekommen, die sie brauchen, um die immer anders aussehenden digitalen Behördengänge erledigen zu können, setzt die Bundesregierung auf Zuckerbrot und Peitsche. Es gab Geschenke wie den Kulturpass für 18-Jährige oder eine 200-Euro-Einmalzahlung für Studierende, aber die gab es nur für die, die sie online beantragten. Es wird akzeptiert, dass Post- und Bankfilialen durch Online-Angebote ersetzt werden. Alle, die damit nicht klarkommen, werden höchstens belächelt. Aber das betrifft nicht wenige Menschen, die angesichts dieser Digitalisierung mit der Brechstange im Regen stehen. Sie sind oft so schon auf die eine oder andere Weise benachteiligt und nun durch rein digitale Angebote noch weiter abgehängt. Im Idealfall sollte Digitalisierung das Leben vereinfachen. Tatsächlich trägt diese Digitalisierung zu noch mehr gesellschaftlicher Spaltung bei.

Dieser Talk beleuchtet, wen das betrifft und warum, und zeigt Beispiele für Dienstleistungen und Angebote, die nur online zu haben sind – und für die, die keine Skrupel haben angesichts der häufig wenig vertrauenserweckenden Umsetzung. Schließlich wird es auch darum gehen, was nötig wäre, um diese Situation zu ändern.

Ich habe mal Politik studiert, viele Jahre im Bundestag gearbeitet, u.a. als Referentin für den NSA-Untersuchungsausschuss und als Referentin für Netzpolitik der Linksfraktion, solange es sie gab. Meine Themen sind Grundrechte, Überwachung, Digitale Gewalt und allgemein Fragen von Gerechtigkeit und gesellschaftlicher Teilhabe.