2024-12-28 –, Saal GLITCH
Language: Deutsch
Die mittlerweile zerbrochene „Fortschrittskoalition“ hat zuletzt mit dem Bohrhammer Grundrechte abgetragen, als gäbe es einen Preis zu gewinnen. Wer als nächstes das Land regiert, ist offen. Aber progressiver wird es wohl kaum. Warum das keine plötzliche Entwicklung ist und was wir jetzt dagegen tun müssen.
Was die Ampel-Koalition kurz vor ihrem Ende noch mit dem sogenannten „Sicherheitspaket“ einführte, davon hätte ein CSU-Hardliner wie Horst Seehofer vor einigen Jahren nur träumen können: Geflüchteten die Sozialleistungen streichen, biometrische Datenbanken anlegen, alle möglichen Datentöpfe zusammenrühren und analysieren. Ein Teil des Pakets scheiterte am Bundesrat - aber nur, weil es den meisten Ländern nicht weit genug ging.
So etwas galt noch vor wenigen Monaten als tabu. In einer offenen Demokratie, dachte man, wird so etwas nicht kommen. Doch der autoritäre Überbietungswettbewerb im Namen der Sicherheit ist spätestens seit dem Anschlag von Solingen in vollem Gang.
Politiker:innen konnten ein mutmaßlich islamistisches Attentat und Migration miteinander verrühren, als gäbe es da einen logischen Zusammenhang. Im Sturm der rassistischen Hetze und Kontroll-Fantasien waren Stimmen für Freiheits- und Menschenrechte kaum mehr zu hören. Jetzt, wo die Bundestagswahl früher kommt als geplant, ist das besonders fatal.
Wir zeigen in unserem Vortrag, dass diese autoritäre Wende nicht plötzlich gekommen ist. Die jüngst geplanten Maßnahmen sind der Tiefpunkt einer Entwicklung, die schon seit Jahren von der Ampel vorangetrieben wurde. Und sie sind der Höhepunkt der Desillusionierung mit einer Regierung, die einst als „Fortschrittskoalition“ angetreten ist.
Wir zeigen auch, dass es Zeit ist für radikalere Widerworte. Denn wir müssen unsere Freiheit heute dafür nutzen, dass auch morgen noch etwas davon bleibt.
Co-Chefredakteurin von netzpolitik.org bei Tag, feiner Fug bei Nacht.
Ich bin Redakteurin von netzpolitik.org und recherchiere zu Digitaler Gewalt, KI und Migration. Vor allem interessiert mich, wie der Staat Technologie gegen Geflüchete und andere marginalisierte Gruppen einsetzt. Ich habe bei Zeit Online volontiert und anschließend eine eigene Zeitschrift mitgegründet und geleitet: das Missy Magazine. Später habe ich bei WIRED Germany gearbeitet. Seit 2018 bin ich Teil der Redaktion von netzpolitik.org.